Wachsender Imperialismus und Faschismus in den USA

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“Wenn Tyrannei und Unterdrückung in dieses Land kommen, so wird es in der Verkleidung des Kampfes gegen einen äußeren Feind sein.“
James Madison (1751 – 1836), 4. US Präsident und Verfasser der US Verfassung

 „Wenn der Faschismus nach Amerika kommt, so wird er in die Fahne gewickelt sein und das Kreuz tragen.“
Sinclair Lewis, (It can‘t happen here, 1935)

„Unglückselige Ereignisse im Ausland haben uns erneut zwei einfache Wahrheiten über die Freiheit eines demokratischen Volkes gelehrt. Die erste Wahrheit ist, daß die Freiheit einer Demokratie nicht sicher ist, wenn das Volk das Heranwachsen einer privaten Macht bis zu dem Punkt duldet, an dem diese Macht stärker ist als der demokratische Staat. Dies ist seinem Wesen nach Faschismus – Die Regierungsgewalt als Eigentum einer einzelnen Person, einer Gruppe oder irgendeiner anderen privaten Instanz, die sie kontrolliert.“
Franklin D. Roosevelt (1882-1945), 32. US Präsident

„… Ein Imperium ist Despotismus, und ein Imperator ist ein Despot, durch kein Gesetz gebunden, keiner Einschränkung außer durch seinen eigenen Willen unterworfen. Es ist die Erweiterung der Tyrannei über die absolute Monarchie hinaus. Denn obwohl der Wille eines absoluten Monarchen Gesetz ist , müssen seine Verordnungen doch von den Parlamenten abgezeichnet werden. Noch nicht einmal diese Formalität ist in einem Imperium erforderlich.“
John Adams (1735-1826), 2. amerikanischer Präsident

„Ich bin der Oberbefehlshaber, verstehen Sie? Ich muß nicht erklären, warum ich etwas sage. Das ist das Interessante daran, Präsident zu sein. Jemand anders muß mir möglicherweise erklären, warum er etwas gesagt hat, aber ich habe nicht das Gefühl, daß ich irgendjemandem eine Erklärung schulde.“
George W.Bush, in Bob Woodwards Buch ‚Bush at War‘ (Bush im Krieg) zitiert.

Es mag zum Teil eine Folge der Terrorattacken vom 11. September 2001 und der Wahrnehmung einer wachsenden Bedrohung durch fanatische Islamisten sein, aber es ist nicht zu leugnen, daß Imperialismus in der auswärtigen Welt und Faschismus in Amerika selbst im Amerika des 21. Jahrhunderts im Aufstieg begriffen sind. Das ist erstaunlich, denn zusammen mit dem totalitären Kommunismus waren genau diese beiden die zwei katastrophalsten politischen Krankheiten des 20. Jahrhunderts, gegen die die Vereinigten Staaten und andere Demokratien während des mörderischsten Jahrhunderts in der Geschichte der Menschheit kämpften.

Eine solche Entwicklung ist bedeutsam für die Vereinigten Staaten, aber sie ist auch von überragender Bedeutung für alle anderen Demokratien, denn wenn die Vereinigten Staaten, die eine der besten demokratischen Verfassungen der Welt haben, einer Art von gutartigem Totalitarismus verfallen, welches Schicksal mag der Demokratie anderswo beschieden sein ?

Lassen Sie uns einige Begriffe definieren, bevor wir weitermachen. Was ist Imperialismus? Was ist Faschismus? Was ist Totalitarismus? Und was ist Demokratie?

Erstens, Imperialismus ist der Gebrauch von Gewalt in internationalen Beziehungen, unter Mißachtung des  internationalen Rechts und den Erfordernissen gerechtfertigter Selbstverteidigung, mit dem Ziel andere Länder, ihre Einwohner und ihre Resourcen  zu kontrollieren, und mit der ausdrücklichen Absicht, ihre Kulturen oder ihr Regierungssystem zu ändern.

– Das beste Buch über Imperialismus ist Der Imperialismus von John Atkinson Hobson. (Kiepenheuer u. Witsch, 1968)

Zweitens, Faschismus ist ein politisches Regime, das durch eine hohe Konzentration der Macht im Staate auf eine einzelne politische Partei oder auf eine Person gekennzeichnet ist, begleitet von einem messianischen und kriegerischen Nationalismus. Weitere Kennzeichen sind die unrechtmäßige Übernahme von Aufgaben der Legislative und Judikative durch die Exekutive, die Unterdrückung individueller Freiheit, die Verehrung von nationalen Symbolen wie Fahnen, und ein gesteigerter Militarismus und die Notwendigkeit von militärischer Expansion im Ausland, oft um eine empfundene Erniedrigung zu rächen.

– Eines der besten Bücher über Faschismus Anatomie des Faschismus von Robert O. Paxton (dva, 2006)

Drittens, Totalitarismus ist ein breit angelegtes Konzept der Ausübung der Macht durch eine Partei oder eine Person in einem Land durch Gewalt, ohne Einschränkung durch Gesetze oder Regeln eingeschränkt zu sein.

– Das vielleicht beste Buch über Totalitarismus ist Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft (1958) von Hannah Arendt.

Demokratie schließlich ist eine Regierungsform in der die Vorstellungen der Bürger die Politik des Gemeinwesens bestimmen, und in der das Volk eine Regierung aus  dem Volk, durch das Volk und für das Volk wählt. Sie besteht auf der Grundlage des Gesetzes, der Dezentralisierung und Teilung der Gewalten und dem Schutz der grundlegenden Freiheiten und Rechte des Einzelnen.  Sie ist das Gegenteil von Imperialismus, Faschismus und allen Arten von Totalitarismus.

– Eine klassische Analyse der Demokratie des amerikanischen Typs ist  Über die Demokratie in Amerika von Alexis de Tocqueville (1805).

Jetzt lassen Sie uns ein paar Tatsachen und Ereignisse untersuchen, die in der letzten Zeit in den Vereinigten Staaten stattgefunden haben. Wenn man sie zusammenfügt, damit sie ein Ganzes ergeben, so entsteht ein machtvolles politisches und rechtliches Rahmenwerk, das es George W. Bush oder irgendeinem anderen Politiker erlaubt, die Vereinigten Staaten per Dekret zu regieren, anstatt dem Willen des Volkes unterworfen zu sein.

Zuerst ist da die imperialistische Doktrin der Neokonservativen vom September 2002, die sich die Bush-Cheney Regierung zu eigen gemacht hat, um die illegale militärische Invasion des Irak im März 2003 zu starten. Dies geschah aufgrund der imperialistischen „Bush-Doktrin“ über Präventivkriege, von unilateralem Handeln in den internationalen Beziehungen und von selbstgefälliger militärischer Überlegenheit in aller Welt. Dieser überheblichen Doktrin der Außenpolitik folgend, könnten die Vereinigten Staaten jedes Land, vor allem im Nahen und Mittleren Osten mit dem Ziel invadieren, dort eine demokratische Regierung zu installieren, die den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten freundlich gesonnen ist. Das besetzte Land würde in der Folge ein Modell für andere Länder werden, die dann dasselbe politische System und die gleiche Politik übernähmen.

Wir wissen alle, welcher Erfolg dieser neuen imperialistischen Doktrin im Irak beschieden war und was ihre katastrophalen Konsequenzen sind.

Daß die Bush-Doktrin aus dem Jahre 2002 für die USA das Recht in Anspruch nimmt, andere Länder aufgrund von vagen Plänen zum sozialen Umbau von Gesellschaften zu invadieren, stellt eine Zurückweisung der Prinzipien von Nürnberg und des Verbots von Angriffskriegen in der Charta der Vereinten Nationen dar, die beide von amerikanischen Führern vor sechzig Jahren ausdrücklich unterstützt wurden. So stellt beispielsweise die Charta von Nürnberg fest, „einen Angriffskrieg zu beginnen … ist nicht nur ein internationales Verbrechen, es ist das äußerste internationale Verbrechen.“ Was die UN-Charta anbetrifft, so verkündet ihre Präambel, daß  sie aufgestellt wurde, „um künftige Generationen vor der Geißel des Krieges zu bewahren.“

Zweitens hat die Bush-Cheney-Regierung in einer Weise, die an das Regime Adolf Hitlers erinnert, als er das Recht auf habeas corpus* in Deutschland am 28. Februar 1933 aufhob, in den Vereinigten Staaten ebenfalls das Recht auf habeas corpus außer Kraft gesetzt. Am 17. Oktober 2006 unterzeichnete George W. Bush den Military Comissions Act (S.3930), ein Gesetz, das das Recht auf habeas corpus für Ausländer, die des Terrorismus angeklagt werden, ebenso aufhebt, wie für Amerikaner und ausländische Staatsbürger, die von der  Exekutive (also beispielsweise durch den Präsidenten oder ein Mitglied seiner Regierung.  A.d.Ü.) als „enemy combatants“ (feindliche Kämpfer) klassifiziert wurden. Nach diesem Gesetz kann jede Person, Bürger oder nicht Bürger der USA, je nach Laune der Exekutive seines Rechts auf ein ordentliches Verfahren beraubt werden und unbestimmte Zeit in Haft gehalten werden, ohne jede Möglichkeit, hiergegen Rechtsmittel einzulegen.

Die Vereinigten Staaten sind wahrscheinlich das einzige Land in der Welt, in dem das Recht auf habeas corpus außer Kraft gesetzt ist und werden dennoch weiterhin ein „demokratisches“ Land genannt.

Drittens wurde der Defense Authorization Act of 2006 (H.R. 1815) am 30. September 2006 vom Kongreß verabschiedet und von Präsident Bush am 17. Oktober 2006 unterzeichnet. Das Gesetz ermächtigt den Präsidenten, im Falle eines „terroristischen Ereignisses“ das Kriegsrecht zu verhängen, wenn er oder andere Bundesbeamte die „öffentliche Ordnung“ bedroht sehen. Der Rückgriff auf das Kriegsrecht könnte beispielsweise als Antwort auf eine Terror-Attacke geschehen, aber es ist nicht ausgeschlossen, daß es auch verhängt werden könnte, wenn es bei Anti-Kriegs-Demonstrationen zu Ausschreitungen käme, oder auch im Falle von irgendeiner größeren politischen Unruhe. Da die Bush-Cheney-Regierung ungestraft unter einem Vorwand einen Krieg beginnen konnte, fragt sich, was sie daran hindern sollte, unter einem Vorwand das Kriegsrecht zu verhängen.

Als viertes erinnern wir uns daran, daß der Kongreß im Jahre 1807 den Insurrection Act (Gesetz über Aufstände im Land, A.d.Ü.) mit dem Ziel verabschiedete, die Möglichkeiten des Präsidenten, das Militär innerhalb der Vereinigten Staaten einzusetzen, erheblich einzuschränken. Der Posse Comitatus Act von 1878 verschärfte diese Einschränkungen noch, indem er jeder Person, die das Militär innerhalb der Vereinigten Staaten ohne die ausdrückliche Genehmigung durch den Kongreß einsetzt, zwei Jahre Gefängnis androht.

Wörtlich besagt das Gesetz in Sektion 1385 ( Einsatz von Armee und Luftwaffe als Landsturm): „Wer, außer in Fällen und unter Umständen, in denen die Verfassung oder  ein Gesetz des Kongress ausdrücklich dazu ermächtigt, willentlich die Armee oder die Luftwaffe als Landsturm oder anderweitig einsetzt, um Gesetzen Geltung zu verschaffen, soll nach dieser Vorschrift mit Geldstrafe oder mit Gefängnis von nicht mehr als zwei Jahren, oder mit beidem bestraft werden.”

Diese Sicherungen sind jetzt alle entfernt. Tatsächlich wurde bei der Verabschiedung des John Warner National Defense Act für das Steuerjahr 2007 (H.R.5122)** der Name der Schlüsselvorschrift im Gesetzbuch von „Gesetz über Aufstände“ in „Gesetz zur Durchsetzung von Gesetzen zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung“ geändert.

Während das Gesetz über Aufstände von 1807 vorschrieb, daß der Präsident Truppen innerhalb der Vereinigten Staaten nur dann einsetzen konnte, „um in einem Staat jedweden Aufstand, gewaltsame Ausschreitungen, gesetzwidrige Zusammenrottungen oder Verschwörungen zu unterdrücken“, erlaubt das neue Gesetz dem Präsidenten nicht nur, das Kriegsrecht zu verhängen und per Dekret zu regieren, sondern es gibt dem Präsidenten auch die Macht, Einheiten der Nationalgarde ohne Zustimmung durch den Gouverneur des jeweiligen Staates einzusetzen. Das Gesetz erweitert außerdem die Liste der Fälle, in denen die Verhängung des Kriegsrechtes zulässig ist. Eingeschlossen sind jetzt „Naturkatastrophen, Epidemien oder ander die öffentliche Gesundheit bedrohende Notfälle, terroristische Attacken oder Ereignisse, oder anderweitige Umstände“ – und diese anderweitigen Umstände sind nicht definiert oder irgendwie eingeschränkt. Aller Schutz gegen den Einsatz des Militärs im Inland ist beseitigt, zugunsten der neuen Ermächtigungen für den Präsdidenten, nunmehr nahezu nach Belieben verfahren kann.

Fünftens, die National Security and Homeland Security Presidential Directive (Direktive des Präsident zur Nationalen Sicherheit und zur Sicherheit des Heimatlandes), die von Präsident George W.Bush am 4. Mai 2007 unterzeichnet wurde, geht noch weiter und legt fest, daß der Präsident im Falle eines „katastzrophalen Ereignisses“  das werden kann, was man am ehesten als de facto Diktator bezeichnen kann: „Der Präsident soll die Aktivitäten der Bundesregierung (aller drei Zweige – Legislative, Judikative und Exekutive. A.d.Ü., siehe auch Marjorie Cohns Artikel) leiten, um die verfassungsmäßige Regierung zu gewährleisten.“
Das Inkrafttreten der Direktive wurde in den gängigen US-Medien so gut wie nicht erwähnt und auch vom Kongreß nicht diskutiert.

Sechstens autorisierte die Bush-Cheney-Regierung das Abhör- und  Überwachungsprogramm der Nationalen Sicherheitsagentur (NSA) das ohne ausreichende richterliche Überwachung erfolgte, ohne daß das Justizministerium zugestimmt hätte, und trotz der Einwände des damaligen Generalstaatsanwalts John Ashcroft. Das Überwachungsprogramm war illegal, weil es gegen den Foreign Intelligence Surveillance Act von 1978 verstieß, nach dem ein Kollegium von Richtern in geheimer Sitzung über Abhöranträge entscheiden muß. Wenn eine Regierung beginnt, gegen die Gesetze zu verstoßen, gibt es keine Möglichkeit vorherzusagen, wohin das führen oder wie weit sie dabei gehen wird. Es ist ein offenes Feld.

Siebtens gibt es schließlich die Praxis, Gefangene zu foltern und anderen entwürdigenden Behandlungen zu unterwerfen, obwohl dies eindeutig gegen internationales Recht und gegen die Gesetze der Vereinigten Staaten verstößt. Es ist wahrhaftig erstaunlich, daß der Oberste Gerichtshof das Weiße Haus unter Bush und Cheney im Juni 2006 daran erinnern mußte, daß es sich an die Genfer Konvention halten muß. Es sieht so aus, als konnte man dort nicht von allein darauf kommen.

Dieses sind sieben der wichtigsten vielsagenden Entwicklungen, von denen einige  in den Vereinigten Staaten vollkommen unbemerkt blieben, die aber die Väter der Verfassung in ihren Gräbern rotieren ließen, könnten sie sehen, was man ihrem Werk angetan hat. Technisch gesprochen besteht für den Durchschnittsbürger weiterhin ein ausreichender Grad von Freiheit der Person in den Vereinigten Staaten, aber dies könnte sich im Handumdrehen – oder besser durch einem Federstrich  – ändern. In den letzten sechs Jahren hat die Bush-Cheney-Regierung die Vereinigten Staaten von Amerika unübersehbar in Richtung Imperialismus und Faschismus gerückt.

– Es ist nicht zu leugnen, daß wir in schwierigen Zeiten mit großen Herausforderungen leben, aber die Amerikaner (und der Rest der Welt, A.d.Ü.) sollten beten, daß in der Amtszeit von George Bush kein größeres katastrophales Ereignis eintritt, denn alle nötigen Vorbereitungen sind getroffen, um Freiheiten und Freiheitsrechte zu suspendieren und den Amerikanern ein faschistisches Regime aufzuzwingen, wenn sich der Vorwand hierzu bietet. Dies ist ein ernüchternder Gedanke.

 A.d.Ü.
*habeas corpus: Rechtsgrundsatz nachdem einer Person die Freiheit nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes und aufgrund richterlicher Anordnung entzogen werden darf, also mit angemessener Begründung, die sich auf konkrete, gesetzlich festgelegte Gründe beziehen muß,. Im deutschen Grundgesetz in Artikel 104 Abs. 1 und 2 verankert.  
** John Warner ist Senator der Republikaner für den Bundesstaat Virginia.

Hergen Matussik und Fausto Giudice sind Mitglieder von Tlaxcala, dem Übersetzernetzwerk für sprachliche Vielfalt.


Articles by: Prof Rodrigue Tremblay

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