Salz der Erde sein… Prof. Dr. Dr. med. Siegwart-Horst Günther – und die Not der Kinder in der Welt

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„Wir leben in einem Zeitalter der Angst, die durch Desinformation hervorgerufen und durch absolute Tyrannei noch verstärkt wird. (…) Ist dies die Art von ‚Demokratie‘, die wir an künftige Generationen weitergeben.“  Mit diesen Worten beginnt der „Newsletter“ der globalen Plattform „Global Research“ vom 8. Juli 2022.

„Jeder Mensch besitzt einen mehr oder weniger großen Einflussbereich in einer scheinbar hoffnungslosen Situation“, schrieb Albert Camus zur Zeit des Zweiten Weltkriegs in einem „Brief an einen Verzweifelten“.

Das heißt, jeder Bürger kann das „Salz der Erde“ sein, wie es in Matthäus (Mt 5,13) geschrieben steht. In der Bergpredigt vergleicht Jesus seine Jünger mit dem damals wichtigen und wertvollen Salz und sagt: „Ihr seid das Salz der Erde.

Salz ist das erhaltende Prinzip, das Verderben oder Fäule entgegenwirkt. Die Bildrede vom „Salz der Erde“ äußerte vor kurzem eine wunderbare Interviewpartnerin, was mich sofort für sie einnahm. Diskussionsthema war das menschliche Gemeinschaftsgefühl als unerschütterliche Logik menschlichen Zusammenlebens und die Frage: Werden menschliches Gemeinschaftsgefühl und der Geist der Verantwortlichkeit Machtgier und Gewalttätigkeit überwinden?

Wir waren uns einig, dass wir etwas Geduld aufbringen müssen: Viele Mitbürger wachen langsam auf und beginnen, selbst zu denken und zu handeln: Siehe die ermutigenden Berichte über regierungskritische Proteste der Bauern in den Niederlanden, Spanien und Portugal sowie die zunehmenden Proteste in anderen Teilen der Welt.

Ein „leuchtendes Beispiel“ für den Appell, Salz der Erde zu sein, war der ehemalige Mitarbeiter von Albert Schweitzer in Lambaréné, Prof. Dr. Dr. med. Siegwart-Horst Günther, einer der ärztlichen Vorbilder der Neuzeit, der sich über seine humane ärztliche Tätigkeit am einzelnen Menschen hinaus auch unbestechlich für die wissenschaftliche Wahrheit und die Humanität in unserer Welt einsetzte.

Opfer von Kriegen ins Auge fassen und für Mütter und Kinder der Welt Verantwortung übernehmen

Als im Vietnamkrieg das hochgiftige Entlaubungsmittel „Agent Orange” und die Brandwaffe „Napalm“ eingesetzt wurden, waren die Menschen der Welt entsetzt. Das war kein Krieg mehr, sondern es war Schlächterei an Zivilbevölkerung und Natur.

Die Waffenindustrie – auch die Atomwaffenindustrie – hat seit Vietnam ihr Geschäft hinter dem Rücken aller internationaler Abkommen zügig weiterentwickelt, sodass die illegalen Angriffskriege immer mörderischer, hinterhältiger, flächendeckender und genozidaler wurden. Oder wie das US-Imperium sagt „effizienter“.

In der vorderasiatischen Republik Jemen sterben inzwischen alle zwei Stunden eine Mutter und sechs Babys.

Bereits am 19. Februar 2019 veröffentlichte der Autor den Artikel „Beihilfe zum Genozid. Der vom Westen unterstützte Krieg Saudi-Arabiens im Jemen könnte für Millionen Kinder den Hungertod bedeuten.“ (1)

Heute haben wir Krieg in der Ukraine – und: „Wer das Weinen verlernt hat, der lernt es wieder bei der Bombardierung der Ukraine.“ (2)

Alle Bürger dieses Planeten müssen dringend beginnen, die Folgen dieser Kriege, das heißt die Opfer der weltweiten Waffengeschäfte ins Auge zu fassen.

Multiple Formen von Karzinomen und missgebildete Neugeborene hat es bei der Zivilbevölkerung des Iraks, Afghanistans und Ex-Jugoslawiens (Serbiens) in der Vergangenheit nicht gegeben. Sie sind das Resultat barbarischer Kriege.

Wir alle haben eine Verantwortung für die Mütter und Kinder dieser Welt. Schauen wir hin und beginnen wir, das Leid zu lindern, weiteres zu verhindern und auf die Beendigung der Kriege hinzuwirken.

„Jeder Mensch besitzt einen mehr oder weniger grossen Einflussbereich.“

Literaturnobelpreisträger Albert Camus, einer der wichtigsten Intellektuellen des 20. Jahrhunderts äusserte sich in seinem Tagebuch auch zum Zweiten Weltkrieg und zur Rolle des Individuums in einer als hoffnungslos empfundenen Situation. Es sind Gedanken, die Camus‘ Aktualität bis in unsere heutigen Tage dokumentieren und zutiefst berühren (3).

Gleich nach Ausbruch des Krieges schreibt er: „Nichts ist unentschuldbarer als der Krieg und der Aufruf zum Völkerhass. Aber ist der Krieg einmal ausgebrochen, ist es zwecklos und feige, sich unter dem Vorwand, man sei nicht für ihn verantwortlich, abseits zu stellen.“ (4)

Was der einzelne Mensch in einer solchen Situation seines Erachtens zu überdenken und zu tun hat, beschreibt Camus in einem „Brief an einen Verzweifelten“:

„Sie haben eine Aufgabe, zweifeln Sie nicht daran. Jeder Mensch besitzt einen mehr oder weniger grossen Einflussbereich. Er verdankt ihn seinen Mängeln ebenso wie seinen Vorzügen. Aber wie dem auch sei, er ist vorhanden, und er kann unmittelbar genutzt werden. Treiben Sie niemanden zum Aufruhr. Man muss mit dem Blut und der Freiheit der anderen schonend umgehen. Aber Sie können zehn, zwanzig, dreissig Menschen davon überzeugen, dass dieser Krieg weder unabwendbar war, noch ist, dass noch nicht alle Mittel versucht worden sind, ihm Einhalt zu gebieten, dass man es sagen, es wenn möglich schreiben, es wenn nötig hinausschreien muss! Diese zehn oder dreissig Menschen werden es zehn anderen weitersagen, die es ihrerseits weiterverbreiten. Wenn die Trägheit Sie zurückhält, nun gut, so fangen Sie mit anderen von vorne an.“ (5)

Abschließend ermutigt Camus den Ratsuchenden, nicht an der Geschichte zu verzweifeln, in der das Individuum alles vermag: „Individuen sind es, die uns heute in den Tod schicken. Warum sollte es nicht anderen Individuen gelingen, der Welt den Frieden zu schenken? Nur muss man beginnen, ohne an so große Ziele zu denken. Vergessen Sie nicht, dass der Krieg ebenso sehr mit der Begeisterung derer geführt wird, die ihn wollen, wie mit der Verzweiflung derer, die ihn mit der ganzen Kraft ihrer Seele ablehnen.“ (6)

An anderer Stelle seiner Tagebucheintragungen bekräftigt Camus seinen Standpunkt: „Es gibt ein einziges Verhängnis, nämlich den Tod, und darüber hinaus gibt es keines mehr. In dem Zeitraum, der von der Geburt bis zum Tod reicht, ist nichts festgelegt: Man kann alles ändern und sogar dem Krieg Einhalt gebieten und sogar den Frieden erhalten, wenn man es inständig, stark und lange will.“ (7)

Prof. Dr. Dr. med. Siegwart-Horst Günther

Prof. Günther (1925-2015) war einer der beeindruckendsten Ärztepersönlichkeiten unserer Zeit. Während seines ganzen Lebens war er in den Kriegs- und Krisengebieten des Mittleren Ostens tätig. Tausenden von Menschen hat er ganz konkret vor Ort geholfen. Auch war er Begründer der Vereinigung „Gelbes Kreuz International“, einer Hilfsorganisation für Kinder in Not auf der ganzen Welt.

Als junger Mann war Günther ein Gegner Adolf Hitlers und wurde deshalb bis zum Ende des Krieges ins Konzentrationslager Buchenwald gesteckt. Von 1945 bis 1950 studierte er Medizin, Philosophie und Ägyptologie. Als fertiger Arzt arbeitete er bei Albert Schweizer im Urwald-Hospital von Lambaréné. Schweitzer begrüßte ihn mit den Worten: „Schön, dass du kommst und uns hilfst.“ (8)

Von 1990 bis 1995 lehrte und arbeitete Prof. Günther an der Universität und im Universitätshospital in Bagdad (Irak). In seiner Dankesrede zur Verleihung des „Nuclear-Free-Future-Awards“ am 18. Oktober 2007 sagte er: „Als ich 1991, nach dem 1. Golf-Krieg, entdeckte, dass die Alliierten in diesem für mich völkerrechtswidrigen Krieg Uran-Geschosse eingesetzt hatten, mit allen ihnen schon damals bekannten schrecklichen Konsequenzen, war ich wegen dieser Ungeheuerlichkeit zutiefst empört. Krieg sollte sowieso obsolet sein, aber der Einsatz dieser Munition und Bomben aus abgereichertem Uran ist eine Menschen und Umwelt verachtende Ungeheuerlichkeit.“ (9)

Diese Ungeheuerlichkeit, die Professor Günther aufgedeckt hatte, brachte ihm viel Ärger ein, besonders in der Bundesrepublik Deutschland, wo er in den 90er Jahren dafür geradezu diskreditiert und verfolgt wurde. Doch auf die Frage eines Freundes auf einer beschwerlichen und nicht ungefährlichen Autofahrt im Irak, antwortete der bereits 79jährige:

„Wissen Sie, mein junger Freund, ich bin Arzt und meinem hippokratischen Eid verpflichtet, und dieser Eid kennt keine Altersgrenzen.“ (10)

Günthers Name und seine Erkenntnisse über das von ihm entdeckte „Golf-Kriegs-Syndrom“ werden unter anderem durch den Film „Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra“ und den Film „Todesstaub“ (2004-2007) in Erinnerung bleiben (11).

In seinem Buch „Hunger und Not der Kinder im Irak“ von 2007 schrieb Prof. Günther: „Als ehemaliger Mitarbeiter von Dr. Albert Schweitzer bin ich seit vielen Jahren im Rahmen humanitärer Hilfeleistungen in Spannungsgebieten tätig und sehe dort täglich die große Not und das Sterben von Menschen, vor allem von Kindern. In Kosovo, wie auch in der Golf-Region, werden in letzter Zeit immer wieder neu UN-Diskussionen geführt, aber der Hunger und das Sterben gehen weiter.“ (12)

Albert Schweitzer war der Überzeugung, dass die Gefahr neuer Vernichtungskriege nicht durch internationale Vereinbarungen oder irgendwelche Institutionen, sondern allein durch die sittlich bestimmte Haltung aller Verantwortlichen gebannt werden kann. Unerschütterlich glaubte er daran, dass sich nur vom Geiste her, in der sittlichen Haltung des Einzelnen und der Nationen, jene entscheidende Wirkung vollziehen kann, die der Welt den Frieden sichert (13).

Im Nachwort seines Buches “Hunger und Not der Kinder im Irak“ schrieb Prof. Günther: „Als Teilnehmer des Zweiten Weltkrieges, der viele Verbrechen miterleben musste und selbst Leidtragender war, bin ich mit wachsendem Mitgefühl den Verbrechen der neuen Kriege und ihrer Folgen nachgegangen. Dazu hat mich nicht zuletzt meine Freundschaft zu Albert Schweitzer und unsere gemeinsame Tätigkeit im Urwaldspital in Lambaréné veranlasst. Ich werde deshalb nicht müde, auch an dieser Stelle an alle Menschen zu appellieren, Frieden zu erhalten und Hilfe dort zu leisten, wo sie gebraucht wird. Am Golf, in Ex-Jugoslawien, in Afrika, in Lateinamerika. Und wenn diese Gedanken auch nur beim Leser eine nachhaltige Wirkung hervorrufen sollte, schon dann hätte sich die Mühe gelohnt.“ (14)

„Uran-Geschosse: Nach Zyklon B eine neue deutsche Kampf- und Massenvernichtungstechnologie“

Abschließend ist es dem deutschen Autor ein Anliegen, von den bewegenden persönlichen Begegnungen mit Prof. Günther in der Schweiz zu berichten, die sich tief in dessen Bewusstsein eingegraben haben und deshalb nicht vergessen werden:

Bei vielen weltanschaulichen oder pädagogisch-psychologischen Gesprächs-Abenden war auch Prof. Günther anwesend – mit fast 90 Jahren gesundheitlich etwas angeschlagen. Ging es in der wissenschaftlichen Diskussion um das Thema Depleted Uranium (DE) und den Einsatz der hochgiftigen und radioaktiven Urangeschosse in den Kriegen im Irak, in Afghanistan oder Ex-Jugoslawien, dann trat Prof. Günther jeweils kurz an den Rednertisch, setzte sich und sagte ruhig, aber entschieden:

„Urangeschosse sind eine deutsche Technologie, eine deutsche Erfindung! Nach Zyklon B eine neue deutsche Kampf- und Massenvernichtungstechnologie!“ (15)

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Dr. Rudolf Lothar Hänsel ist Lehrer (Rektor a. D.), Doktor der Pädagogik (Dr. paed.) und Diplom-Psychologe (Schwerpunkte: Klinische-, Pädagogische- und Medien-Psychologie). Als Pensionär arbeitete er viele Jahre als Psychotherapeut in eigener Praxis. In seinen Büchern und pädagogisch-psychologischen Fachartikeln fordert er eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung und eine Erziehung zum Gemeinsinn und Frieden.

He is a regular contributor to Global Research.

Noten

1. „RUBIKON“

2. „Global Research“, May 01, 2022

3. Marin, L. (Hrsg.). (2013). Albert Camus – Libertäre Schriften (1948-1960)

4. a. O., S. 268

5. a. O., S. 273

6. a. O.

7. a. O., S. 267

8. https://www.zeit-fragen.ch/archiv/2015/nr-34-3-februar-2015/zum-tod-von-professor-dr-dr-siegwart-horst-guenther

9. a. O.

10. a. O.

11. a. O.

12. Dr. Dr. Günther, Siegwart-Horst (2007). Hunger und Not der Kinder im Irak. Zürich, S. IV

13. https://www.zeit-fragen.ch/archiv/2015/nr-34-3-februar-2015/zum-tod-von-professor-dr-dr-siegwart-horst-guenther

14. Dr. Dr. Günther, Siegwart-Horst (2007). Hunger und Not der Kinder im Irak. Zürich, S. XV f.

15. a. O., S. IV 


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Articles by: Dr. Rudolf Hänsel

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