Die Europäische Union in der Atomstrategie des Pentagons

Die Kunst des Krieges

Der General der Marine-Infanterie und Präsident des Gemeinsamen Ausschusses der Stabschefs, Joseph Dunford, überreichte am 13. Juni 2019 die Diplome an die Studenten der National Defense University. Er nutzte die Gelegenheit, um ihnen zu versichern, dass es „Aufgabe der Generaldirektoren ist, den Wandel in einer unsicheren Welt zu steuern“.

Die NATO-Verteidigungsminister (Elisabetta Trenta, M5S, für Italien und Ursula von der Leyen für Deutschland und Thomas Starlinger für Österreich) wurden am 26. und 27. Juni in Brüssel einberufen, um die neuen Maßnahmen der „Abschreckung“ gegen Russland zu genehmigen, dem – ohne jeden Beweis – vorgeworfen wird, gegen den INF-Vertrag verstoßen zu haben. Grundsätzlich bedeutet dies, dass sie hinter die Vereinigten Staaten zurückfallen werden, die durch den endgültigen Rückzug aus dem Vertrag am 2. August die Stationierung von bodengestützten Mittelstrecken-Nuklearraketen (einer Reichweite von 500 bis 5.500 Kilometern) in Europa vorbereiten, ähnlich denen aus den 80er Jahren (die Pershing II und die Marschflugkörper), die durch den 1987 von den Präsidenten Gorbatschow und Reagan unterzeichneten Vertrag (mit den sowjetischen SS-20) beseitigt wurden.

Die großen europäischen Mächte, die innerhalb der EU zunehmend gespalten sind, werden in der NATO unter dem Kommando der USA neu gruppiert, um ihre gemeinsamen strategischen Interessen zu unterstützen. Bei der UNO lehnte dieselbe Europäische Union – von der 21 ihrer 27 Mitglieder der Allianz angehören (ebenso wie das Vereinigte Königreich, obwohl es die EU verlässt) – den russischen Vorschlag zur Beibehaltung des INF-Vertrags ab. In einer so wichtigen Angelegenheit wird die europäische Öffentlichkeit von ihren Regierungen und den großen Medien bewusst im Zustand der Unwissenheit gehalten. Auf diese Weise bemerken wir nicht die wachsende Gefahr, die uns alle bedroht – die zunehmende Möglichkeit, dass wir eines Tages den Einsatz von Atomwaffen erfahren könnten.

Dies wird durch das jüngste strategische Dokument der US Armed Forces, Nuclear Operations (11. Juni) bestätigt, das unter der Leitung des Präsidenten der Generalstabschefs verfasst wurde. Da „unsere Atomstreitkräfte den USA die Leistungsfähigkeit bieten, unsere eigenen nationalen Ziele zu verfolgen“, wird in dem Dokument betont, dass sie „diversifiziert, flexibel und anpassungsfähig“ an ein „breites Spektrum von Gegnern, Bedrohungen und Kontexten“ sein müssen. Trotz russischer Warnungen, dass auch der Einsatz nur einer Atomwaffe mit geringer Leistung eine Kettenreaktion auslösen würde, die zu einem großangelegten Atomkonflikt führen könnte, beginnt sich die US-Doktrin auf der Grundlage eines gefährlichen Konzepts – „Flexibilität“ – zu orientieren.

Das strategische Dokument bekräftigt, dass „die US-Atomkräfte uns die Mittel an die Hand geben, um zu diesem Zeitpunkt auf ein breites Spektrum von Zielen und mit den vom Präsidenten beschlossenen Mitteln Gewalt anzuwenden“. Diese Ziele (spezifiziert das gleiche Dokument) werden in Wahrheit von den Geheimdiensten gewählt, die deren Schwachstelle für einen nuklearen Angriff bewerten und auch die Auswirkungen des radioaktiven Niederschlags berechnen. Der Einsatz von Kernwaffen – betont das Dokument – „kann die Voraussetzungen für entscheidende Ergebnisse schaffen. Insbesondere der Einsatz einer Atomwaffe würde den Kontext einer Schlacht grundlegend verändern, indem er die Bedingungen schafft, die es den Befehlshabern ermöglichen würden, die Konfrontation zu gewinnen“.

Kernwaffen würden es den USA auch ermöglichen, „ihre Verbündeten und Partner zu beruhigen“, die im Vertrauen auf diese Waffen „die Idee des Besitzes eigener Kernwaffen aufgeben und damit am Ziel der Vereinigten Staaten, der Nichtverbreitung, teilnehmen würden“.

Das Dokument zeigt jedoch, dass „die USA und einige ausgewählte NATO-Verbündete in der Lage wären, Flugzeuge vorzuhalten, die sowohl nukleare als auch konventionelle Waffen tragen können“. Dies ist ein Eingeständnis, dass vier offiziell Nicht-Atom-Länder der EU, Italien, Deutschland, Belgien, Holland – und auch die Türkei – unter Verstoß gegen den Nichtverbreitungsvertrag nicht nur US-Atomwaffen (B-61-Bomben, die ab 2020 durch die noch zerstörerischen B61-12 ersetzt werden) lagern, sondern bereit sind, sie bei einem Atomangriff unter dem Kommando des Pentagon einzusetzen.

All dies wird von unseren Regierungen und Parlamenten, Fernsehern und Zeitungen geheim gehalten, mit dem schuldigen Schweigen der überwiegenden Mehrheit der Politiker und Journalisten, die dennoch Tag für Tag wiederholen, wie wichtig „Sicherheit“ für uns Italiener und andere Europäer der Union ist. Sie wird uns anscheinend durch die Stationierung anderer Atomwaffen der USA garantiert.

Manlio Dinucci

 

L’Unione europea nella strategia nucleare del PentagonoBy Manlio Dinucci,

il manifesto, 25. Juni 2019

Übersetzung: K.R.


Articles by: Manlio Dinucci

About the author:

Manlio Dinucci est géographe et journaliste. Il a une chronique hebdomadaire “L’art de la guerre” au quotidien italien il manifesto. Parmi ses derniers livres: Geocommunity (en trois tomes) Ed. Zanichelli 2013; Geolaboratorio, Ed. Zanichelli 2014;Se dici guerra…, Ed. Kappa Vu 2014.

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