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Krieg um Erdgas: Israels Invasion und die küstennahe Gasfelder von Gaza
By Prof Michel Chossudovsky
Global Research, January 13, 2009
13 January 2009
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Die militärische Invasion der israelischen Truppen im Gazastreifen hat möglicherweise einen direkten Zusammenhang mit Kontrolle und Besitz der strategischen Gasreserven vor der Gaza-Israel-Küste im Mittelmeer, meint Michel Chossudovsky. Der Sohn des jüdisch-russischen Wirtschaftswissenschaftlers und UN-Diplomaten Evgeny Chossudovsky lehrt als Professor der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Ottawa. – Die Redaktion, Neue Rheinische Zeitung 

Entdeckt wurden die ausgedehnten Gasreserven vor der Küste im Jahr 2000. British Gas (BG Group) und ihrem Partner, der in Athen ansässigen internationalen Consolidated Contractors Company (CCC), die der libanesischen Sabbagh- und Khouri-Familie gehört, wurden die Öl- und Gasausbeutungsrechte in einem 25 Jahres-Abkommen gewährt, das im November 1999 mit der Palästinensischen Behörde unterzeichnet wurde. Die Rechte an den küstennahen Gasfeldern sind wie folgt aufgeteilt: British Gas (60%), Consolidated Contractors (CCC) (30%) und der Investment Fund der Palästinensischen Behörde (10%). Das berichtete die israelische Tageszeitung Ha’aretz am 21.10. 2007.
 
Das PA-BG-CCC-Abkommen schließt laut Middle East Economic Digest vom 5. Januar 2001 Feldentwicklung und den Bau einer Gas-Pipeline ein. Die BG-Lizenz deckt das ganze küstennahe Gaza-Gebiet ab, das an einige israelische Gaseinrichtungen angrenzt. 60% der Gasreserven entlang der Gaza-Israel-Küste gehören zu Palästina. Nach Bohrungen der BG-Group im Jahr 2000 in zwei Quellen – Gaza Marine-1 und Gaza Marine-2 – wurden deren Reserven von British Gas auf 1,4 Trillionen cubic-foot geschätzt, die einen Wert von annähernd 4 Milliarden Dollar haben sollen. Der gesamte Umfang von Palästinas Gasreserven dürfte erheblich größer sein.
 
Wem gehören diese Gasfelder?

 
Von Rechts wegen gehören diese Bodenschätze Palästina, doch haben der Tod Yasser Arafats, die Wahl der Hamas-Regierung und das Ende der palästinensischen Behörde im Gazastreifen es Israel ermöglicht, die de facto-Kontrolle über Gazas küstennahe Gasreserven zu übernehmen. British Gas hat mit der Regierung in Tel Aviv darüber eine Absprache getroffen, bei der die Hamas-Regierung im Hinblick auf Erforschungs- und Entwicklungsrechte für die Gasvorkommen umgangen wurde. Nach der Wahl von Ministerpräsident Ariel Sharon im Jahr 2001 wurde Palästinas Herrschaft über die küstennahen Gasfelder vom Obersten Gerichtshof Israels angefochten, Sharon erklärte, dass „Israel nie von Palästina Gas kaufen werde“ und gab zu verstehen, dass die küstennahen Gasfelder Gazas Israel gehören.

Nach dem Wahlsieg der Hamas
 
2003 verhinderte Sharon ein erstes Abkommen, das British Gas erlauben sollte, Israel mit dem Gas aus den küstennahen Gasquellen zu versorgen (The Independent, 19.August, 2003) Nach dem Wahlsieg der Hamas 2006 – der in Gaza das Ende der palästinensischen Behörde herbeiführte, die unter Präsident Mahmoud Abbas auf die Westbank beschränkt wurde – war  British Gas laut Times vom 23. Mai 2007 „nahe dran, ein Geschäft mit Ägypten abzuschließen, um Gas dorthin zu pumpen“. Doch der britische Ministerpräsident Tony Blair intervenierte dagegen im Namen Israels.
 
Im Mai 2007 billigte das israelische Kabinett einen Vorschlag von Ministerpräsident Olmert, „Gas von der palästinensischen Behörde zu kaufen.“ Es ging um eine Gesamtmenge im Wert von 4 Milliarden Dollar, von denen nach dem 1999 zwischen der BG-Group und der palästinensischen Behörde unter Arafat unterzeichneten Vertrag 1 Milliarde den Palästinensern zugestanden hätte. Um dies zu verhindern sollte aber ein vom Kabinett zusammengestelltes Unterhändler-Team mit der BG Group einen Deal ausarbeiten, durch den die Hamas-Regierung und die palästinensische Behörde umgangen werden sollten. Ziel: „Die israelischen Verteidigungsbehörden wollen, dass die Palästinenser mit Waren und Diensten bezahlt werden, damit die von Hamas kontrollierte Regierung kein Geld erhält“, was dem ursprünglichen Vertrag widersprach.

Geheimdienst Mossad dagegen

 
Nach diesem vorgeschlagenen neuen Abkommen mit der BG sollte das palästinensische Gas von Gazas küstennahen Gasquellen in einer Unterwasserpipeline in den Hafen von Ashkalon gepumpt und die Kontrolle über den Verkauf an Israel übertragen werden. Das Geschäft misslang. Die Verhandlungen wurden suspendiert, weil der Chef des Geheimdienstes Mossad aus Sicherheitsgründen dagegen war. Ergebnis: Im Dezember 2007 zog sich die BG-Group aus den Verhandlungen zurück und schloss im Januar 2008 ihr Büro in Israel.
 
Der Invasionsplan auf dem Reißbrett
 
Bald darauf – ab Juni 2008 – wurde der Operationsplan für den Gazastreifen unter dem Decknamen „Operation Gegossenes Blei“ in Gang gesetzt. In einem Bericht von Barak Ravid  in Ha’aretz vom 27.12. 2008, der sich auf israelische militärische Quellen beruft, heißt es dazu: „…Verteidigungsminister Ehud Barak instruierte vor 6 Monaten (Juni oder früher) die israelischen Verteidigungskräfte, sie sollten sich auf eine Operation vorbereiten, genau zu dem Zeitpunkt, als Israel begann, mit der Hamas über ein Abkommen über eine Feuerpause zu verhandeln.“ Zum selben Zeitpunkt kontaktierten die israelischen Behörden erneut Britisch Gas, um wichtige Verhandlungen wieder aufzunehmen, die den Kauf von Gaza-Naturgas betreffen. Es scheint also, als wäre Israels Regierung darauf aus gewesen, ein Abkommen mit BG noch vor der Invasion zu erreichen, die schon in einer fortgeschrittenen Planungsphase war. Gleichzeitig dachte man über ein neues politisch-territoriales Abkommen über den Gazastreifen nach.
 
Tatsächlich liefen im Oktober 2008 Verhandlungen zwischen der British Gas und israelischen Regierungsleuten an, also zwei bis drei Monate vor Beginn der Bombardements am 27. Dezember. Im November 2008 instruierten das israelische Finanzministerium und das Ministerium für nationale Infrastruktur die israelische Electric Gesellschaft (IEC), mit der British Gas wegen des Kaufs von Naturgas in Verhandlungen zu treten
 
Gaza, Energie und Geopolitik
 
Ziel der militärischen Besetzung des Gazastreifens scheint also, die Herrschaft über die Gasfelder an der Gaza-Küste auf Israel zu übertragen.

Was erwarten wir nach der Invasion? Was ist Israels Absicht hinsichtlich der palästinensischen Naturgasreserven? Ein neues territoriales Abkommen mit der Stationierung israelischer und/oder „Peacekeeping“-Truppen? Die Militarisierung der ganzen Gaza-Küstenlinie, die für Israel strategisch wichtig ist? Die komplette Konfiszierung der palästinensischen Gasfelder und die einseitige Erklärung israelischer Herrschaft über Gazas Küstenzone? Würden, wenn dies geschehen sollte, die Gasfelder Gazas in Israels küstennahe Installationen integriert werden, die sich direkt an den Gazastreifen anschließen?
 
Diese verschiedenen küstennahen Installationen könnten dann mit dem israelischen Energie-Transportkorridor verbunden werden, der sich von Eilat mit seinem Öl-Pipeline-Terminal am Roten Meer bis zur Seehafen-Pipeline bei Ashkalon erstreckt und nordwärts bis Haifa geht, von wo aus er sich schließlich mit der geplanten israelisch-türkischen Pipeline im türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan verbinden lässt. Ceyhan ist ja schon der von den Energiekonzernen favorisierte Terminal der im Mai 2005 fertig gestellten Baku-Tbilisi-Ceyhan Pipeline.
 
Anmerkung der Redaktion: „Geplant ist die Verbindung der BTC-Pipeline zur Trans-Israel Eilat-Ashkelon Pipeline, auch als Israels Tipline bekannt.“ Das wusste Michel Chossudovsky schon am 23. Juli 2006 in seinem Beitrag „Der Krieg im Libanon und die Schlacht ums Öl“ in Global Research.

Auch dieser aktuelle Beitrag erschien in Global Research, übersetzt und gekürzt von Ellen Rohlfs. (PK)

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