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Aserbaidschan, Nordfront eines Krieges gegen Iran
By Prof Michel Chossudovsky
Global Research, April 09, 2007
Global Research 1 May 2007
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In einer Entscheidung mit gutem Timing hat Aserbaidschan (Mitte März) der Nato die Erlaubnis gegeben, zwei seiner Militärbasen und einen Flughafen zu benutzen, um «ihre Peace-Keeping-Operation in Afghanistan» abzusichern inklusive der Unterstützung für die «Versorgungsroute nach Afghanistan». Der Nato-Sondergesandte Robert Simmons besteht darauf, dass die Vereinbarung nichts mit US-Plänen zur Bombardierung Irans aus der Luft zu tun habe.

Medienquellen in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, liessen verlauten, dass diese zeitlich gut abgestimmte Vereinbarung in direktem Zusammenhang zu den laufenden US-Israeli-Nato-Kriegsplänen steht. Der Zeitpunkt fällt zusammen mit der Entsendung der US-Kriegsmarine in den Persischen Golf und den Kriegsmanövern vor Ort.

Es ist vorgesehen, den Flughafen und zwei Militärbasen «gemäss Nato-Standards zu modernisieren». Washington hat in diesem Zusammenhang bestätigt, dass es die Modernisierung eines militärischen Flughafens im Rahmen des Individual Partnership ¬Action Plan (IPAP), der von Aserbaidschan und der Nato unterzeichnet wurde, unterstützen werde.

Unterdessen hat das Verteidigungsministerium Aserbaidschans eine Erklärung veröffentlicht, dass «das Territorium Aserbaidschans keinem Land für Kriegshandlungen gegen Nachbarländer [Iran, M.C.] zur Verfügung stehe». (siehe Maradom Salari (Farsi), BBC-Übersetzung, 5.4.2007)

Diese Ankündigung durch das aserbaidscha¬n¬ische Verteidigungsministerium erfolgte als Reaktion auf eine spontane Aussage des amerikanischen Unterstaatssekretärs Matthew Bryza an einer Pressekonferenz in Georgien  vom 30. März: «Die USA hoffen auf die Erlaubnis, die Flugpätze in Aserbaidschan für militärische Zwecke nutzen zu können.» (Hervorhebung, M.C.)

«Eine Menge Flugzeuge überfliegen Georgien und Aserbaidschan auf ihrem Weg nach Afghanistan. Sollte es sich als notwendig herausstellen, möchten wir in der Lage sein, einen Flughafen in Aserbaidschan zu benutzen», sagte der US-Diplomat auf die Frage nach der mit amerikanischer Hilfe vorgesehenen Modernisierung eines militärischen Flughafens in Aserbaidschan.     (Nezavisimaya Gazeta, 2.4.2007)

Dem aserbaidschanischen Politikwissenschafter Zardusht Alizade zufolge bezieht sich das Nato/US-Militärabkommen mit der Regierung in Baku auf mehrere aserbaidschanische Flughäfen, die für die Unterstützung von US/Nato-Flugzeugen benutzt werden könnten.
«Baku könnte den Vereinigten Staaten auch mit Daten zur Abwehr ballistischer Raketen helfen (…)»

Hinzu kommt, dass die Worte der aserbaidschanischen Behörden nicht immer mit deren Taten übereinstimmen, und die Erklärung des Verteidigungsministeriums muss keinesfalls das letzte Wort in dieser Frage sein.

«Wenn die US-Regierung sich mit einer dringenden Bitte an Aliyev wendet und dieser den Mut aufbringt, die Anfrage zurückzuweisen, dann um so besser für ihn», sagte Alizade.

«Ich glaube nicht wirklich, dass er ¬Washington verärgern will.»

Dem Politikwissenschafter zufolge könnten die Konsequenzen eines solchen Nachgebens schrecklich sein. Teheran hat bereits seine Fähigkeit und Bereitschaft verkündet, strategische, für die Vereinigten Staaten wichtige Einrichtungen in den Nachbarländern anzugreifen.

«Die iranischen Fähigkeiten dürfen nicht unterschätzt werden. Eine einzige Division von Streitkräften könnte ohne weiteres ganz Aserbaidschan besetzen. Ich kann nur hoffen, dass all das nur eine Art politisches Spiel ist und dass die Vereinigten Staaten nicht wirklich vorhaben, Iran anzugreifen», sagte Alizade. (Nezavisimaya Gazeta, 2.4.2007, Hervorhebung M.C.)

Die strategisch wichtige Seegrenze mit Iran im Kaspischen Meer Aserbaidschan ist ebenfalls von strategischer Bedeutung mit Blick auf seine Seegrenze mit Iran im Kaspischen Meer. In dieser Hinsicht beteiligt sich die amerikanische Marine daran, die aserbaidschanische Marine bei der  Ausbildung zu unterstützen. Ausserdem besteht ein Abkommen über die amerikanische Unterstützung bei der Überholung aserbaidschanischer Kriegsschiffe im Kas¬pischen Meer.

Die von Amerika geförderte Caspian Guard Initiative («Initiative zur Verbesserung des Grenzschutzes im Kaspischen Meer») wurde 2003 gestartet, um «die Aktivitäten in Aserbaidschan und Kasachstan mit denen des US-Central Command und weiterer US-Regierungsbehörden zu koordinieren. Sie hat das Ziel, die Sicherheit in der Kaspischen Region zu erhöhen». Die Initiative wurde unter dem Vorwand durchgeführt, den Drogenhandel zu verhindern und den Terror zu bekämpfen.  Ihr eigentliches Ziel ist es jedoch, dem USCENTCOM [das für die Rigion zuständige Zentralkommando der US-Streitmächte, Red.] einen strategischen Seekorridor in der Kaspischen Region zu verschaffen.

Die USA hat zudem an gemeinsamen Marinemanövern mit der 641. Marineeinheit für spezielle Kriegsführung der aserbaidschanischen Armee [Azeri Army’s 641st Special Warfare Naval Unit] teilgenommen, die ihren Sitz auf dem aserbaidschanischen ¬Marinestützpunkt ausserhalb Bakus hat.

Allgemeiner betrachtet sind die USA und die Nato mitten im Prozess, ihre militärische Kooperation mit Aserbaidschan zu vertiefen. Im Rahmen der jüngsten Entwicklungen sind für die zweite Hälfte April militärisch-politische Konsultationen zwischen den USA und Aserbaidschan angesetzt, wie von einer Quelle aus der US-Botschaft in Baku zu erfahren war. (APA News, 4. April 2007)

«(…) die Konsultationen werden Themen der strategischen Kooperation, der Beziehungen zwischen Aserbaidschan und der Nato, die wechselseitige Aktivität beider Länder im Irak und in Afghanistan und andere Themen umfassen. [Iran]»    (a.a.O.)

Die zeitliche Abstimmung dieser Konsultationen ist wesentlich. Sie fallen chronologisch mit dem Prozess der weiteren militärischen Planung zusammen.
Aserbaidschan könnte zum Ziel iranischer Vergeltungsangriffe werden, wenn die Militärbasen des Landes von Nato-US-Streitkräften als Ausgangspunkt für einen Krieg gegen Iran benutzt würden.

Medienquellen in Baku haben darauf hingewiesen, dass Vergeltungsbombardements seitens des Iran die aserbaidschanischen Ölfelder und Öl- und Gaspipelines betreffen könnten. Die strategische Baku–Ceyhan-Pipeline, die das Kaspische Meer mit dem östlichen Mittelmeer verbindet, könnte ebenfalls ein Ziel sein. Die Baku–Ceyhan-Pipeline wird von einem anglo-amerikanischen Konsortium unter der Führung von British Petroleum (BP) kontrolliert.

Anfang April hat Iran Truppen und militärische Ausrüstungen entlang der iranisch-aserbaidschanischen Grenze stationiert. In einem Bericht vom 4. April der aserbaidschanischen Nachrichtenagentur Turan heisst es dazu:

«Militärexperten gehen davon aus, dass die Stationierung der Truppen und Ausrüstung Verteidigungszwecken diene. Das bedeutet, dass die Truppen nach vorn drängen würden, um Angriffe zurückzustossen. (…) Der Beginn eines Propagandakrieges ist offensichtlich. Ein Geheimdienstexperte erklärte Turan, die jüngsten Veröffentlichungen in den Medien, wonach Iran eine Liste von Einrichtungen in Aserbaidschan erstellt habe, welche im Falle eines amerikanischen Angriffs [auf Iran, M.C.] bombardiert würden, seien offenkundige Beispiele dafür. Höchstwahrscheinlich wurden diese Berichte durch iranische Geheimdienste vorbereitet und den Massenmedien übermittelt, um psychologischen Druck auf Baku auszuüben. Das Ziel ist es, Baku davon abzuschrecken, Washington in einem militärischen Konflikt mit Teheran zu unterstützen.» (Turan, 4. April 2007, Hervorhebung M.C.)

Die «Nordfront» eines Krieges gegen Iran

Die Seestreitkräfte der USA und seiner Verbündeten sind im Persischen Golf und im östlichen Mittelmeer konzentriert. Das Nato-US-Abkommen mit Baku vom März diesen Jahres, das auf vorherigen Militärvereinbarungen aufbaut, verstärkt in besonderer Weise, was als eine «Nordfront» bezeichnet werden könnte. Im Rahmen derer würden aserbaidschanische Militärbasen inklusive Flughäfen und Marineeinrichtungen im Kaspischen Meer von den Nato- und den US-Streitkräften genutzt, wenn es zu von den USA gesponsorten Angriffen gegen Iran kommen sollte.

Wenn dies geschehen sollte, dann könnten mehrere zentralasiatische Länder in den Konflikt hineingezogen werden, was in einen Prozess militärischer Eskalation münden würde. Letzteres könnte sich auch zu einem Bodenkrieg ausweiten, in dem Iran auf Einrichtungen der USA, Grossbritanniens und der Nato im Irak und in Afghanistan zielen würde.

Übersetzung Zeit-Fragen

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