Wissenschaftliche Psychologie fordert neue „Aufklärung“

Heranwachsende Generation nicht mit verstandeslähmenden religiösen und autoritären Erziehungsmethoden gehorsam und gefügig machen!

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Der vorliegende Appell ist das Bekenntnis einer freien Seele inmitten der Qual einer globalen Krise, die zu einer totalitären „Neuen Weltordnung“ (NWO) und einem anderen „Menschsein“ führen wird. Man möge keine Selbstschilderung darin erblicken, auch wenn der Autor von Erlebnissen in seiner Jugend ausgeht. Mit Absicht wurden alle politischen Fragen in den Hintergrund gestellt: ihnen kam in vielen Artikeln besondere Betrachtung zu.

Da das Denken und Handeln erwachsener Menschen nach wie vor von einem „magischen Autoritätsglauben“ – kritiklos und umnebelt von Glücksverheißungen – bestimmt wird, ist der Autor der Auffassung, dass die Aufklärung im 17./18. Jahrhundert ein unabgeschlossenes Projekt geblieben ist. Die Autoritätsgläubigkeit führt unweigerlich zur Autoritätshörigkeit, die in der Regel den Reflex eines absoluten geistigen Gehorsams und eine Verstandeslähmung auslöst. Vollsinnige Erwachsene können dann nicht mehr selbständig denken und vernünftig urteilen. Aber nicht nur ihre Intelligenz wird eingeschüchtert und herabgesetzt, sondern auch ihr Wille und ihr Selbstbewusstsein.

In religiösen Gemeinschaften beginnt die Erziehung zum Gehorsam bereits beim kleinen Kind. Es muss sich von allen am Erziehungsprozess beteiligten „Autoritäten“ – Eltern, Lehrern, Priestern – widerspruchslos führen und leiten lassen. Das autoritäre Prinzip in der Erziehung schließt sich ohne jeden Unterbruch an den „göttlichen Ursprung“ der Herrschaft und den Respekt vor allen „Autoritäten“ an, so wie er von der Kirche vermittelt wird. Somit machen sowohl die religiöse wie auch die autoritäre Erziehung die heranwachsende Generation gehorsam und gefügig.

Den Autor treibt die Sorge um, dass diese Erziehungsmethoden dazu führen werden, dass auch die junge Generation nicht in der Lage sein wird, die Welt einmal in eine andere Bahn zu lenken. Die wissenschaftliche Psychologie, die die menschliche Natur erforscht und gesicherte Antworten auf die Frage nach der seelischen Verfassung des Menschen bereithält, fordert deshalb eine neue „Aufklärung“, die die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Psychologie über die menschliche Natur mit einbezieht.

Dabei behauptet ein freier Denker nicht, dass er über die alleinseligmachende oder alleinglückverheißende Wahrheit verfügt. Für den freien Geist gibt es eine unbegrenzte Anzahl von zu entdeckenden und dem Wandel folgenden Wahrheiten.

Jean Meslier (1664-1729), katholischer Priester und französischer Radikalaufklärer aus der Zeit der Frühaufklärung, beantwortet die Frage, was wahr ist, mit den Worten:

„Wahr ist, was nicht dogmatische Fessel ist und die Menschen nicht in Gläubige und in Nichtgläubige oder Andersgläubige trennt, sondern dem Zusammenleben der Menschen nützt und ihr Einvernehmen fördert.“ (1)

Selbstverständlich bleibt es das unveräußerliche Recht des religiösen Menschen, aus den Bibelworten Offenbarungen der höchsten religiösen Wahrheiten zu schöpfen. Aber es ist ebenso die unbedingte Pflicht des Forschers, historische Wahrheiten nur aus ganz einwandfreien Zeugnissen zu folgern.

Nach Auffassung des französischen Physik-Professors und Präsidenten der Union der Atheisten, Francis Perrin (1901-1992), führt die Überzeugung, dass kein Gott ist, den Menschen nicht zu Verzweiflung oder Angst, sondern zu einem tiefen Verständnis für den Wert und Sinn des Lebens:

„Die feste Überzeugung, dass kein Gott ist und dass die angemaßten Antworten der Religionen illusorisch, töricht oder kindisch sind, wenn der Mensch, von Fragen bedrängt, über sein Los nachdenkt oder nach einem Sinn des Daseins sucht, diese feste Überzeugung führt keineswegs zu Verzweiflung oder Angst, sondern zu einer großen Ruhe des Geistes, zu einem tiefen Verständnis für den Wert des Lebens und zu einer hohen Vorstellung von der Würde des für sein Leben und seine Taten vor sich selbst verantwortlichen Menschen.“ (2)

Der in allgemeinverständlicher Sprache verfasste Appell soll auch dem interessierten Laien Einsichten in das menschliche Seelenleben vermitteln.

Er ist eine Ergänzung und Vertiefung des 2020 in Gornji Milanovac (Serbien) erschienen Buches des Autors mit dem Titel „Keinem die Macht übergeben! Ein psychologisches Manifest des gesunden Menschenverstands“ (ISBN 978-86-7432-119-5). Die „Neue Rheinische Zeitung“ (NRhZ) veröffentlichte im November 2020 einen Vorabdruck und eine Kurzfassung des Buches. Die Kurzfassung wurde auch von „Global Research“ in Kanada übernommen.

Da davon auszugehen ist, dass sich für den vorliegenden Aufruf kein Verleger finden wird, wird er als zweisprachiger Artikel (Deutsch und Englisch) per Internet verbreitet werden.

Einleitung 

Thema dieses Appells ist die Überzeugung des Autors – einem Lehrer, Erziehungswissenschaftler und Diplom-Psychologen –, dass junge Menschen sich sehr wohl zu frei denkenden, mutigen und moralischen Bürgern entwickeln können. Doch dazu müssen es alle für die Erziehung der Jugend Verantwortlichen unterlassen, die heranwachsende Generation auf ihrem Weg ins Erwachsenenleben mit verstandeslähmenden religiösen und autoritären Erziehungsmethoden „gehorsam“ und „gefügig“ zu machen.

Das Zeitalter der Aufklärung im 17./18. Jahrhundert war ein großer Umbruch in der Geschichte. Der Philosoph Emanuel Kant (1724-1804) formulierte den Leitsatz der Aufklärung: „Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“ Hinter dieser Aussage stand der Gedanke, dass der Mensch seinen Verstand gebrauchen und sich dadurch zu einer mündigen Persönlichkeit entwickeln soll.

Vor der Aufklärung war es von der Kirche und der Obrigkeit nicht gewünscht, dass der Mensch seinen Verstand gebraucht: Er sollte die „Wahrheiten“, die ihm von Staat und Kirche vorgesetzt wurden, als gegeben hinnehmen, ohne diese zu hinterfragen. Nun aber geriet der blinde Gehorsam gegenüber der Kirche ins Wanken.

Die Berufung auf die Vernunft als universelle Urteilsinstanz gilt als wichtiges Kennzeichen der Aufklärung. Dazu gehört der Kampf gegen Vorurteile, die Hinwendung zu den Naturwissenschaften, das Plädoyer für religiöse Toleranz und die Orientierung am Naturrecht.

Das Naturrecht, ein von der Natur gegebenes Recht sagt, dass es etwas gibt, was von Natur aus recht ist. Das Wissen darüber, was von Natur aus recht ist, macht es möglich, totalitären Ideologien und Diktaturen von einem festen menschlichen Standpunkt aus entgegenzutreten und ein Gefühl der Empörung gegen Unrecht und Unmenschlichkeit zu empfinden.

Seinen Anfang nahm das naturrechtliche Denken in der antiken griechischen Philosophie. Platon (427-347 v.u.Z.) ging davon aus, dass es objektive, absolut gültige Normen, Werte und Gesetze gibt, die nicht von den wechselnden Meinungen der Menschen abhängig sind. An den objektiven Ideen dessen, was Recht ist, müsse sich der Staat und die Staatsführung zu allen Zeiten orientieren. Das höchste Ziel im menschlichen Leben sei ein vernunftbestimmtes Leben.

Gesellschaftspolitisch zielte die Aufklärung auf mehr persönliche Handlungsfreiheit (Emanzipation), Bildung, Bürgerrechte, allgemeine Menschenrechte und das Gemeinwohl als Staatspflicht. Viele Vordenker der Aufklärung waren fortschrittsoptimistisch und nahmen an, eine vernunftorientierte Gesellschaft werde die Hauptprobleme menschlichen Zusammenlebens schrittweise lösen.

Nach Auffassung des Autors ist die Aufklärung jedoch ein unabgeschlossenes Projekt geblieben, ein unvollendeter gesellschaftlicher Emanzipationsprozess. Denken und Handeln der meisten Menschen wird nach wie vor beherrscht von einem „magischen Autoritätsglauben“ und einem absoluten geistigen Gehorsam.

Dabei wird der Mensch weder religiös noch gottesgläubig geboren. Das geistig gesunde und „unverkrüppelte“ Kind gerät jedoch in eine Gesellschaft, in der wahnhafte Ideen und Illusionen vorherrschen. Wenn man versteht, wie die magische Weltanschauung auf das Seelenleben und die Vernunft des jungen Menschen wirkt, dann versteht man auch das unmündige Verhalten erwachsener Gläubiger.

Kaum zeigen sich beim kleinen Kind die ersten seelischen Regungen und es lernt zu sprechen, wird es von der Gesellschaft, den Eltern und der Kirche „in Obhut genommen“. Es wird ihm klar gemacht, dass sich sein Wesen bezüglich des Naturgefühls und der Weltanschauung nicht frei entwickeln darf. Will es verhindern, mit allgemeiner Verachtung und höllischen Peinigungen bestraft zu werden, muss es sein Wesen in eine bestimmte kirchliche Form pressen.

Mit diesem Vorgehen wird ein sehr starker und lähmender Druck auf die Kinderseele ausgeübt. Keine noch so diktatorische und totalitäre politische Organisation ist imstande, einen solch lähmenden Druck auf Kinderseelen auszuüben. Diese seelische Vergewaltigung ist schlimmer und nachhaltiger als jede körperliche. Das gleiche gilt für die Vergewaltigung des Geistes.

Der religiöse Glaube setzt neben Vernunft und Wissen eine magische Scheinwelt, der sich die wissenschaftliche Analyse nicht zu nähern hat. Die Religionen betrachten sich als etwas über Allem Stehendes, das nicht Gegenstand empirisch-rationalistischer Untersuchung sein darf – und auch nicht sein kann. Sie sind der Meinung, dass die Wissenschaft überhaupt nicht imstande ist, den Bereich der Religion, der göttlicher Herkunft sei, in seiner Totalität zu erfassen.

Wenn wir von einem „magischen Autoritätsglauben“ und dem Reflex eines absoluten geistigen Gehorsams ausgehen, dann müssen wir zum Verständnis seiner Ursachen einen Text heranziehen, den Ignatius von Loyola (1491-1556), der Gründer des Jesuitenordens, Mitte des 16. Jahrhunderts verfasste und auf den das deutsche Wort „Kadavergehorsam“ zurückzuführen ist. In der vom Spanischen ins Lateinische übertragenen und von der Ordenskongregation 1558 veröffentlichten Fassung heißt es:

„Wir sollten uns dessen bewusst sein, dass ein jeder von denen, die im Gehorsam leben, sich von der göttlichen Vorsehung mittels des Oberen führen und leiten lassen muss, als sei er ein toter Körper, der sich wohin auch immer bringen und auf welche Weise auch immer behandeln lässt, oder wie ein Stab eines alten Mannes, der dient, wo und wozu auch immer ihn der benutzen will.“ (3)

Bereits lange Zeit vor Ignatius von Loyola verglich Franz von Assisi (1181/82-1226) die vollkommene und höchste Form des Gehorsams gegenüber dem Vorgesetzten mit einem toten, entseelten Leib, der sich ohne Widerspruch und ohne Murren hinbringen lässt, wo man will (4).

Der gehorsame Mensch muss sich gemäß dem Text von Loyola „von der göttlichen Vorsehung mittels des Oberen“ oder „Vorgesetzten“ widerspruchslos „führen“ und „leiten“ lassen als wäre er ein „toter Körper“ oder „entseelter Leib“. Auch die herrschende Schicht der Gesellschaft rechtfertigt ihre Herrschaft, ihre politische und wirtschaftliche Macht über die Gemüter der Menschen seit jeher mit dem ideologischen Begriff der „Autorität“. Und diese wird wiederum gestützt durch die Idee des „Absoluten“, das sich jeder Kontrollmöglichkeit durch die Erfahrung entzieht.

Für die „Herrschenden“ ist die höchste Kraft einer solchen Ideologie „Gott“ – als „unerkennbare“, „letzte“ Ursache und ethischer Gesetzgeber. So nennen sich etwa Könige „von Gottes Gnaden“ und sagen damit, dass sie ihre Inthronisierung von der göttlichen Instanz herleiten.

Da sich bereits das Kind von den am Erziehungsprozess beteiligten „Autoritäten“ widerspruchslos führen und leiten lassen muss, um auch noch als Erwachsener gehorsam zu sein, fordert die wissenschaftliche Psychologie eine neue „Aufklärung“.

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Dr. Rudolf Lothar Hänsel ist Lehrer (Rektor a. D.), Doktor der Pädagogik (Dr. paed.) und Diplom-Psychologe (Schwerpunkte: Klinische-, Pädagogische- und Medien-Psychologie). Als Pensionär arbeitete er viele Jahre als Psychotherapeut in eigener Praxis. In seinen Büchern und pädagogisch-psychologischen Fachartikeln fordert er eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung und eine Erziehung zum Gemeinsinn und Frieden.

He is a regular contributor to Global Research.

Noten 

  1. Hagen, Friedrich (1977). Jean Meslier oder der Atheist im Priesterrock. Leverkusen und Köln, S. 37
  2. A. a. O., S. 7
  3. https://de.wikipedia.org./wiki/Kadavergehorsam
  4. A. a. O., S. 7

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Articles by: Dr. Rudolf Hänsel

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